Altes erhalten und aufwerten

Aufgearbeitete und ergänzte Bauteile fügen sich zusammen
Die aufbereitete Gründerzeit-Tür kann wieder nachhause. Sie ist nach einigen „chirurgischen“ Eingriffen, konstruktiven Aufwertungen und einem gründlichen Make-Up wieder alltagstauglich und gewappnet für die nächsten 140 Jahre…

In diesem Bauelement war noch sehr gut das handwerkliche Können eines Dorftischlers aus dem 19. Jahrhundert zu erkennen, der die Tür ohne Maschinen-Einsatz aus Lärchenholz auf Maß für ein Hofgebäude angefertigt hatte. Neben großflächen Beschädigungen durch Witterungseinfluss und mechanischen Macken, die in all den Jahren ihre Spuren hinterlassen hatten, war die eigentliche Konstruktion noch relativ maßhaltig und von der Substanz her weitestgehend gesund.

Die gedübelten Rahmenecken hatten sich zum Teil gelöst. Es stellte sich heraus, dass die Dübel gebrochen waren, die abgesetzte Schlitz und Zapfen-Verbindung aber noch zu retten war. Vor dem wieder Zusammensetzen erhielt das Holz durch mehrfaches Firnissen mit Leinöl wieder Substanz, damit die neuen Eichendübel mit etwas Übermaß auch wirklich Halt bieten.

Die unteren Rahmenecken hatten durch die im Hirnholz aufsteigende Feuchtigkeit einen deutlichen Schaden genommen. Hier half nur noch eine Transplantation mit abgelagertem Lärchenholz und Propeller-Leim und danach mehrere Schichten Leinölfirnis. Damit in Zukunft ein besserer Schutz vor Schlagregen gegeben ist, hat die Tür außen einen Wetterschenkel und eine Bürstenleiste bekommen. Innen sorgt eine dezent aufgesetzte Fußleiste für zusätzlichen Halt und verhindert Macken beim Fegen.

Die aufgesetzten Zierleisten um die Kassetten waren größtenteils aufgeplatzt und verwittert. Unten fehlte ein Abschluss-Element für die zentrale Profilleiste. Diese Lücke ist nun aufgefüllt und geht nahtlos in den ergänzten Wetterschenkel über. Die Innenseiten der Kassettenfassungen erhielten einen neuen Leistenrahmen, der diverse Macken kaschiert und nun für eine bessere und winddichte Einfassung sorgt. Auf den beiden Türseiten sind mehr als 50 Meter neue Profilleisten verbaut!

Das alte 2-tourige Kastenschloss mit Nachtriegel wurde komplett zerlegt und von Rost, Staub und Spinnengewebe befreit. Der ursprüngliche Schlüssel muss schon vor langer Zeit verloren gegangen sein – jetzt hat das Schloss wieder einen nachgebauten, der auch funktioniert. Um einen besseren Einbruch-Schutz zu gewährleisten, hat es Unterstützung von einem dezenten Aufschraub-Zusatzschloss mit Profilzylinder bekommen.

Die 2-farbige Lackierung mit hochwertigem Acryllack erforderte viel Geduld und Fingerspitzengefühl, aber sie fügt die überarbeiteten Altteile mit den Ergänzungen optisch zusammen. Die Firnis-Grundierung ist nach dem Abtrocknen und Anschleifen ein durchaus geeigneter Lackier-Grund. Auf Flächenspachtel wurde absichtlich verzichtet, um die schöne gealterte Oberflächen-Struktur, die durchaus viele Geschichten erzählen könnte, unter dem neuen Lack-Kleid zu erhalten.

Was hat dieses Projekt mit Wildholz zu tun? Nun, es geht um den Sinn, vorhandenen Dingen, die augenscheinlich ihren Wert verloren haben, wieder eine neue Perspektive zu verleihen – in diesem Fall eben, wieder für den ursprünglichen Zweck einsatzfähig zu sein. Handwerklich gearbeitete Gegenstände erzählen uns Geschichten, weil sie eine Seele haben – und diese Geschichten verdienen es, erhalten zu werden! Viel Spaß beim Selbermachen!

Über Bruno 109 Artikel
Bruno Rischmüller-Affeldt, seit Ende 2020 im Unruhestand, davor: UNkonventionell Projektleitung

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